Rau, ungeschönt, in konservativen Kreisen als Rinnsteinkunst verschrien: Kollwitz' Leben (1867 – 1945) war geprägt von einem rastlosen politischen Engagement mit den Mitteln der Kunst. «Ich will wirken in dieser Zeit», heisst es in einem ihrer bekannten Tagebucheinträge. Bestätigung findet diese Haltung in zahlreichen ihrer grafischen Serien wie dem «Weberaufstand» und dem «Bauernkrieg», die keinen Zweifel daran lassen, in wessen Namen Kollwitz spricht und für welche Seite der Gesellschaft sie sich engagiert.
Mit kapitalen Zeichnungen, seltenen Probedrucken und längst schon kanonischen Skulpturen deckt die Ausstellung das gesamte Spektrum ihres Wirkens ab. Die eminent politische Dimension ihrer Kunst wird anhand von einschlägigen Plakaten greifbar. Hier manifestiert sich deutlicher als in anderen Medien Kollwitz’ Begeisterung für Werke, «die Wirkung in sich schliessen».
Stets aber – und das hebt ihre Arbeit weit über jede flüchtige Wirkung – steht der Mensch im Mittelpunkt ihres Schaffens, dessen Verfasstheit in Krisenzeiten sie mit schonungslos kritischem Blick festhält. Dank einer tief empfundenen Anteilnahme ist ihre Kunst nie nur Reaktion auf tagespolitisches Geschehen, sondern immer auch zeitlose Mahnung gegen Leid und Unterdrückung. Kein Wunder daher, dass ihre puristischen, bevorzugt in Schwarz-Weiss gehaltenen Arbeiten in heutiger Krisenzeit wieder von grösster Aktualität sind.
Die ungebrochene Gültigkeit von Kollwitz’ Kunst soll anhand von Interventionen der Künstlerin Mona Hatoum (*1952) anschaulich werden. Auch Hatoum, Trägerin des Käthe-Kollwitz-Preises von 2010, bedient sich einer reduzierten Formensprache, setzt Farbe allenfalls pointiert ein und kreist in ihren Werken um Themen wie Verletzlichkeit, Vertreibung und Konflikterfahrung.

Abb.: Käthe Kollwitz, Die Pflüger. Blatt 1 aus dem Zyklus «Bauernkrieg», 1907 Kunsthaus Zürich

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